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Photovoltaik: Selbstbaugenossenschaften setzen auf gegenseitige Hilfe

Sie wollen Ihre Photovoltaikanlage selbst installieren? Selbstbaugenossenschaften bieten Unterstützung sowie Helferinnen und Helfer. Im Gegenzug arbeiten Sie bei der Montage weiterer Anlagen mit.

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Arbeitsstunden sind die Währung der Selbstbaugenossenschaften

Das Dach über dem Kopf ist eine Selbstverständlichkeit, das Dach unter den Füssen dagegen eine völlig neue Erfahrung für viele Hausbesitzende. Wer auf dem Dach arbeiten will, muss auf jeden Fall schwindelfrei, trittsicher und vorschriftsgemäss gesichert sein. Ueli Wegmann erfüllt alle diese Kriterien ganz offensichtlich. Denn als Photovoltaik-Selbstbauer und Mitglied der Energiewendegenossenschaft Region Winterthur (EWG Winterthur) hat er nicht nur bei der Installation seiner eigenen PV-Anlage mitgearbeitet. «Davor sammelte ich auf anderen Baustellen Erfahrungen – und Stunden», sagt Ueli Wegmann. Wer mit Unterstützung von Genossenschafterinnen und Genossenschaftern baut, entschädigt deren Arbeit üblicherweise nicht mit Geld, sondern durch entsprechende Arbeitsleistung auf anderen Baustellen der Genossenschaft. Und so kommt es, dass Ueli Wegmann, der mit seiner Frau Johanna in Turbenthal (ZH) wohnt, nun hier auf den Dächern des Grossprojekts der EWG Winterthur mitarbeitet.

Kennenlernen auf dem Dach: Das Grossprojekt der EWG Winterthur

Für die EWG Winterthur ist es ein Grossprojekt: Auf 20 Gebäuden der Wohnbaugenossenschaft Talgut installiert sie Solaranlagen. «Total 800 bis 1000 Kilowatt installierte Leistung, das wird ein richtiges Kraftwerk», sagt Martin Ovenstone, Co-Geschäftsführer der EWG Winterthur und einer der Bauleiter auf dieser Baustelle. Auf einigen Dächern ist die Arbeit bereits abgeschlossen, auf einem montieren Mieterinnen und Mieter aus dem Quartier gerade Metallschienen, in die später die PV-Module gelegt werden. Erhalten Sie einen Einblick in das bunte Treiben auf der Baustelle in Winterthur.

Vollstes Vertrauen – trotz Laien

Ueli Wegmann hat als Mitglied der Energiewendegenossenschaft Region Winterthur auch bei der Installation seiner eigenen PV-Anlage mitgearbeitet. Die Wegmanns bauten ihr Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung 1995, vor zwei Jahren installierten sie eine Wärmepumpe mit Erdsonde und eben auch die Photovoltaikanlage. Mit den Erfahrungen von anderen EWG-Baustellen bereitete Ueli Wegmann so viel wie möglich alleine vor. Bei der Installation der PV-Anlage auf dem 42 Grad steilen Dach, halfen neben Mitgliedern der EWG Winterthur auch der Sohn, der Göttibub, Freunde und Nachbarn. Dass abgesehen vom Bauleiter alles Laien waren, habe sie nicht im Geringsten verunsichert. «Ich hatte vollstes Vertrauen. Auch deshalb, weil mein Mann schon so viel an diesem Haus selbst gemacht und sich etwa drei Jahre lang intensiv mit Photovoltaik beschäftigt hatte», sagt Johanna Wegmann.

Urs und Johanna Wegmann
Urs und Johanna Wegmann

Das Resultat spreche für sich: Die PV-Anlage läuft tiptop und wird effizient genutzt. So programmiert Familie Wegmann die Waschmaschine auf 13 Uhr. Statt des Strom-Niedertarifs in der Nacht nutzt die Familie nun die Kraft der Sonne am Mittag.

Investition schneller amortisiert

Die Leistungs- und Verbrauchszahlen könnte Ueli Wegmann nun live per App überwachen, die Zahlen ihres PV-Projekts kennt er auswendig: Für die relativ grosse Anlage waren rund 170 Stunden Arbeit nötig, 70 davon leisteten er und Helfende, die nicht zur EWG gehören. Damit hatte er auf anderen EWG-Baustellen 100 Stunden abzuarbeiten. «So konnten wir die PV-Anlage sehr günstig bauen. In Kombination mit den Fördergeldern verkürzt das die Amortisationszeit natürlich enorm. Die 100 Stunden haben wir bereits im vergangenen Winter allesamt abgearbeitet», stellt Urs Wegman fest.

Preis ist variabel – Qualität konstant

Ob und in welchem Umfang die Bauherrschaft selbst mitanpackt und allenfalls noch weitere Helferinnen und Helfer organisiert, hat natürlich einen Einfluss auf den Preis, den die Selbstbaugenossenschaft verlangt. Wer Arbeitsstunden nicht selbst abarbeiten will, kann sie auch bezahlen. «Wir sind nicht immer günstiger als ein konventioneller Solarteur», stellt Ovenstone klar. Nach einer Besprechung und Besichtigung erhalten Interessierte einen Kostenvoranschlag. Wollen sie dann mit der Energiewendegenossenschaft Winterthur bauen, werden sie Mitglied, bezahlen dafür einmalig 500 Franken, dann geht es an die Detailplanung. Ein Planer der EWG kümmert sich um die Baueingabe, die Anmeldung beim Stromversorger, die Detailofferte, die Materialbestellung, die Terminplanung.

In vielen Fällen reichen zwei Tage für die Installation auf einem Einfamilienhaus. Typischerweise montieren wir am Freitag und Samstag die ganze Anlage bis zum Wechselrichter im Keller, am Montag darauf kann der Elektriker die Anlage ans Netz anschliessen.
Martin Ovenstone, Co-Geschäftsführer der EWG Winterthur

Viele der neun Planer der EWG kommen aus dem technischen Bereich – auch Ingenieure. Auf diese Weise ist auch die Qualität der Anlagen stets gewährleistet.

Engagement für erneuerbare Energien

Warum Ueli Wegmann noch immer auf fremden Dächern arbeitet? «Ich sammle Stunden für zwei weitere PV-Projekte in meinem privaten Umfeld», sagt er. Eine neue Bedeutung von «Zeit schenken».

Genau das gefällt mir. Man lernt immer wieder interessante Leute kennen, die gemeinsam an diesem Strick Richtung Energiewende ziehen wollen. Für mich sind diese Bekanntschaften und der Erfahrungsaustausch ein grosser Gewinn.
Ueli Wegmann

Möchten auch Sie Ihre Photovoltaikanlage mit einer Selbstbaugenossenschaft realisieren? Oder möchten Sie sich als Selbstbauerin oder Selbstbauer engagieren? Besuchen Sie Selbstbau und erhalten Sie genaue Informationen wie Selbstbau funktioniert und was Sie dabei beachten müssen.

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