In Repair Cafés helfen Freiwillige, kaputte Gegenstände wieder funktionstüchtig zu machen und so Abfall zu vermeiden. Besuch in der Flickstatt in Baden, einem von rund 190 Repair Cafés in der Schweiz.
Flackernde Lampen, defekte Weihnachtsbeleuchtung, kaputte Hosen: Schon kurz nach der Öffnung der Flickstatt bringen Besucherinnen und Besucher Gegenstände zur Reparatur, die sonst im Abfall landen würden. Luzia Wyss hat ein Kabeltelefon dabei und erklärt: «Meine Freundin möchte das Modell gerne behalten, denn sie hat sich daran gewöhnt.» Im Handel ist das Telefon jedoch nicht mehr erhältlich, Ersatzteile gibt's auch keine mehr. «Wenn es sich nicht mehr reparieren lässt, haben wir es zumindest probiert.» Patrizia Di Pietro ist mit ihrem Mann zum zweiten Mal in der Flickstatt. Sie holen einen Etikettendrucker ab, den man an ihrem Arbeitsplatz wegwerfen wollte. «Daher habe ich das Gerät hierhergebracht – und voilà: Er funktioniert wieder», erklärt sie. Motiviert von diesem Erfolg, hat sie gleich weitere Geräte zur Reparatur mitgebracht: ein kaputtes Bügeleisen, Kopfhörer und eine Lavalampe, die jeweils überhitzt.
Die eigenen Geräte und Gegenstände gleich selbst und unter Anleitung reparieren, ausbessern und upcyceln: Das war in der Flickstatt möglich – bis Corona kam. Jetzt stapeln sich die Reparaturgegenstände auf den Regalen neben der Werkbank, an der die ehrenamtlichen Reparaturprofis auch schon mal bis spät in die Nacht tüfteln. Einer von ihnen ist Heinz Steffen. «Unsere Reparaturquote ist sehr hoch», erklärt er stolz. «Wir haben mehrmals in der Woche geöffnet und können daher auch Aufgaben übernehmen, die viel Zeit in Anspruch nehmen.»
Neben der zeitintensiven Fehlerdiagnose und den teilweise enormen Lieferkosten für Ersatzteile ist das Öffnen und Zerlegen eine grosse Herausforderung. «Vor allem neuere Geräte sind oft für das einmalige Zusammenbauen konstruiert. Man kann sie nur mit Spezialwerkzeug oder mit viel Improvisationstalent öffnen. Und es besteht die Gefahr, dass man sie dabei zerstört», so Heinz Steffen. Zum Glück gebe es inzwischen viele YouTube-Repair-Channels, die Anleitungen zu den verschiedensten Gerätemodellen veröffentlichen.
In den rund 190 Repair Cafés in der Schweiz werden pro Monat insgesamt rund 2000 Gegenstände erfolgreich repariert, schätzt die Stiftung für Konsumentenschutz. Das erste Schweizer Repair Café, das 2015 in Bern eröffnete, lancierte die Stiftung als Pilotprojekt. «Am ersten Tag hatten wir schon 200 Besucherinnen und Besucher», sagt Raffael Wüthrich, ehemaliger Leiter Nachhaltigkeit & Energie. «Das Bedürfnis nach einer Reparatur ist gross, der Ärger über Fehler und Mängel riesig. Innert weniger Wochen bekamen wir hunderte von Zuschriften zur sogenannten geplanten Obsoleszenz.» Diese vorschnelle, industriell herbeigeführte Veralterung – sei es aufgrund von rasant wechselnden Trends, nicht mehr unterstützten Softwares oder kostengünstigen, verschleissanfälligen Materialien – verkürze die Lebensdauer von Gegenständen, um die Nachfrage nach neuen Modellen aufrecht zu erhalten. Raffael Wüthrich spricht daher ungern von einer Wegwerfmentalität, er findet den Begriff Wegwerfindustrie treffender.
Nach der Projektphase übergab die Stiftung für Konsumentenschutz das Repair Café in Bern an einen eigenständigen Verein. Der Konsumentenschutz baute ein Social-Franchise-System auf, das die Gründung weiterer Repair Cafés vereinfacht. «Die Repair Cafés haben eine Reparaturquote von 70 %. Bei den Textilien und Spielsachen lässt sich so gut wie alles wieder reparieren. » In der Flickstatt bezahlen Kundinnen und Kunden nur einen kleinen, symbolischen Jahresbeitrag und allfällige Ersatzteile. Die Reparatur an sich ist gratis. Es war Hans Heim, der die Flickstatt ins Rollen brachte. Er suchte nach seiner Pensionierung eine neue Aufgabe – und fand diese im Repair Café.
Aus ökologischer Sicht ist die Reparatur fast immer sinnvoll. Dagegen kann ein Neukauf dann die bessere Lösung sein, wenn ein altes Gerät deutlich mehr Energie verbraucht als die aktuelle Gerätegeneration und wenn es oft im Einsatz ist. Beim Neukauf empfiehlt es sich, darauf zu achten, dass ein Gerät energieeffizient, für den tatsächlichen Bedarf dimensioniert, möglichst langlebig und reparierbar ist – dass also auch Ersatzteile verfügbar sind.
Das Recht auf Reparatur soll Hersteller dazu verpflichten, das für eine Reparatur Nötige – beispielsweise Ersatzteile, Werkzeuge und Anleitungen – zur Verfügung zu stellen. Erste Vorstösse gelangen ab 2012 in den USA, sie forderten das Recht in der Automobil- und Elektronikindustrie teilweise ein. In der EU und in der Schweiz sind Hersteller von Monitoren und Fernsehern, Spül- und Waschmaschinen sowie Tiefkühl- und Kühlschränken seit März 2021 dazu verpflichtet, die Reparierbarkeit und Langlebigkeit der Geräte zu fördern, Ersatzteile anzubieten und Reparaturprofis mit Informationen für eine fachgerechte Reparatur und Wartung zu versorgen. Der Bundesrat sieht das Reparieren, Wiederverwenden und Teilen von Produkten laut einer Stellungnahme als «erfolgversprechende Ansätze» im Sinne der Kreislaufwirtschaft. Zu dieser lässt er bis Ende 2022 ein Massnahmenpaket erarbeiten.
Nicht nur das Recycling ist wichtig, um die Umwelt zu schonen. Auch während dem Gebrauch des Elektrogerätes kann Jede und Jeder dazu beitragen, effizienter zu sein und so weniger Strom zu verbrauchen. Die Energieetikette gibt Auskunft darüber, wie effizient ein Elektrogerät ist. Mehr dazu finden Sie auf der Seite Elektronische Geräte .
Für die neue Energieetikette, die in der Schweiz seit 1. März 2021 schrittweise eingeführt wird, gilt eine einheitliche Effizienzskala von «A» (sehr effizient) bis «G» (nicht effizient). Bei künftigen Effizienzsteigerungen über ein «A» hinaus werden keine Pluszeichen mehr beigefügt, sondern die Anforderungen pro Effizienzklasse angepasst. «A» steht damit immer für die aktuell höchstmögliche Klasse, bei allen Gerätearten mit neuer Etikette. Alle Tipps und Tricks, wie Sie im Haushalt energieeffizient und klimafreundlich unterwegs sein können finden Sie unter Haushalt.